Vordrängeln gehörte noch nie zu ihren überragenden Fähigkeiten. Viel eher das Anpacken, erkennen von Notwendigkeiten, Neues in die Wege leiten. Für ihre neue Aufgabe als Leiterin des Assistenzdienstes ISB indes musste Kerstin Ackermann-Böhm erst nach und nach gewonnen werden.
Als Pflegefachkraft und Assistentin beim ISB war die 51-jährige Krankenpflegerin mit ihrem Halbtagsjob zunächst vollauf zufrieden. Ihre Vorgängerin, die langjährige Leiterin Christl Bauer aber überzeugte Ackermann-Böhm davon weitere Aufgaben zu übernehmen, entsprechend ihrer hohen fachlichen und persönlichen Kompetenz. Zunächst übernahm sie zusätzlich pflegerische Aufgaben, wie die Wundversorgung im Wichern-Haus und bei Kunden der ISB. Vor knapp vier Jahren stockte sie dann „auf hundert Prozent auf“, kümmerte sich halbtags um die Pflegeplanung, die sie auch von unterwegs oder Zuhause organisieren konnte, und war mit der anderen Hälfte „weiterhin in der Pflege am Menschen tätig“.
Schließlich war es nur mehr ein letzter Schritt hin zur Gesamtleitung des ISB, als Bauer Ende letzten Jahres in den Ruhestand wechselte. Im Hintergrund unterstützt diese zwar ihre Nachfolgerin noch bei manchen Fragen und bereitet einmal im Monat die komplizierten Abrechnungen mit Kunden und Trägern vor. Ansonsten teilt sich Ackermann-Böhm die Aufgaben mit Johannes Tirsch, der bereits bisher als Stellvertreter tätig war, und Stellvertreterin Melissa Patschky. Die Verantwortung für rund 150 Mitarbeitende, die in 28 Teams teils rund um die Uhr schwerstbehinderten Menschen im Alltag und Beruf assistieren, trägt die Naturliebhaberin selbstbewusst alleine.
Als Beruf ist Pflege der gebürtigen Bayreutherin fast in die Wiege gelegt worden. Aufgewachsen ist die „Werkltante“, wie sie sich selbst gern bezeichnet, „praktisch im Krankenhaus“. Beide Elternteile arbeiteten im Nabburger Kreiskrankenhaus als Pflegekräfte, die Tochter lernte später in Regensburg bei den Barmherzigen Brüdern. Danach arbeitete sie im Ludwig-Thoma-Heim und lernte die Arbeit mit Rollstuhlfahrern und Schwerstbehinderten von der Pieke auf genau kennen. Bei den Maltesern baute sie anschließend einen ambulanten Pflegedienst auf, bildete sich zur Stoma-Schwester weiter und war einige Jahre im Außendienst bei Kliniken und Ärzten tätig.
Irgendwann hatte sie „genug vom Sozialen“ und machte sich mit dem Bio-Lieferdienst und Bio-Laden selbständig. Als der aufgrund zunehmender Konkurrenz zu schwächeln begann, begann sie bei der Diakonie in der Behindertenassistenz mit einem zusätzlichen Standbein. Dieser Job entwickelte sich für die Naturliebhaberin zum alleinigen Standbein. Zum Lesen kommt die Brennbergerin, die mit ihrer Familie einen 300 Jahre alten Bauernhof bewohnt, heute nur, um „Dienstpläne und neue Infektionsschutzbestimmungen zu studieren“ – und umgehend beim ISB umzusetzen. Eine Mammutaufgabe, die enormes Fingerspitzengefühl, Organisationsgeschick und Fachwissen erfordert.