11Jul

„Kein Problem ist unverrückbar!“

Cordula Winzer-Chamrád sprach in ihrer Predigt vom „schweren Erziehungsrucksack“, den Menschen „absetzen und aufschnüren dürfen“.

Zur Einweihung der neu eingerichteten „aufsuchenden Erziehungsberatungsstelle“ im Wörther Bürgersaal, hielt die Pfarrerin zusammen mit ihrem katholischen Kollegen Johann Baier eine ökumenische Andacht. Im Rucksack steckten „Probleme, Scham, unglückliche Gefühle, Tränen, Frustration und vielleicht Überforderung“, vermutete Winzer-Chamrád. Da sei es gut, „wenn da jemand ist, der den Inhalt ordnen hilft“.

Für die Stadt Wörth und die umliegenden Gemeinden Pfatter, Brennberg und Wiesent ist das Tanja Kölbl. Die Diplom-Sozialpädagogin hat im Mai zu arbeiten begonnen und bereits Netzwerke zu Schulen, dem Familienstützpunkt und anderen Einrichtungen geknüpft. Die von ihr angebotene Erziehungsberatung ist kostenlos und anonym. „Es muss also niemand befürchten“, bekräftigte Bürgermeister Anton Rothfischer, es gelange etwas „an falsche Ohren“. Finanziert wird dieses familien- und kinderfreundliche Angebot von der Regierung der Oberpfalz, dem Landkreis, den Gemeinden Wiesent, Brennberg und Pfatter, gemeinsam mit der Stadt Wörth. „Das ist einmalig“, freute sich Vorstandsfrau Sabine Rückle-Rösner von der  Diakonie Regensburg. Der Diakonie werde „öfter mal wieder vorgehalten“, dass sie nur in Regensburg zu erreichen sei. Dabei erstrecke sich das Donaudekanat fast bis Passau. Kölbls Stelle ist bei der Psychologischen Beratungsstelle des Wohlfahrtsverbandes angesiedelt. Damit ist die musikalische Fachfrau – sie begleitete die Andacht auf der Gitarre –  fest in ein Team eingebunden. Sie könne sich regelmäßig mit Kolleg*innen beraten und Themen besprechen, „wenn sie alleine mal nicht weiterkommt“, erläuterte Nicola Bock.

Die Leiterin der diakonischen Beratungsstelle begrüßte es, dass sich die Diakonie weiter in den Landkreis ausweite. „Vor etwa einem Jahr habe ich erfahren“, blickte sie zurück, „dass es für eine aufsuchende Beratung Fördermittel gibt“. Dann habe sie nicht mehr locker gelassen. Sowohl intern, als auch bei Rothfischer: „Bei ihm bin ich sofort auf offene Ohren gestoßen“, erzählte die Psychologin sichtlich erfreut. Das Stadtoberhaupt habe auch die Verbindungen zu den anderen beteiligten Gemeinden hergestellt. Er werde „das Angebot nach außen tragen“, betonte Rothfischer und band mit einer einladenden Geste seine Bürgermeister-Kolleg*innen mit ein. Früher hätten die Menschen keine Erziehungsberatung genutzt. Das habe nicht „an weniger Problemen“, zeigte er sich überzeugt, „es gab einfach kein solches Angebot“. Die Menschen seien mit ihren Problemen oft „alleine gelassen worden.“

Nach weiteren Redebeiträgen, darunter des Leiters der Sozialpädagogischen Fachdienstes beim Landratsamt, German Sperlich, skizzierte Tanja Kölbl einige Ideen für ihre Arbeit. So will sie Mutter-

Kind-Gruppen und Gesprächskreise für Eltern einrichten. Ratsuchende hätten bei Gruppenangeboten oft eine geringere Hemmschwelle, begründete sie die Vorhaben. Auch könne sie sich eine Jugendsprechstunde und spontane Kurzberatungen vorstellen, präsentierte sie weitere Pläne. Am Schluss spendeten die beiden Pfarrer den Segen für die Erziehungsberatung. Dieser, „der Segen, reicht bis nach vorn ins Rathaus“, schmunzelte Pfarrer Baier. Außerdem gelte er den Personen und nicht dem Raum. Winzer-Chamrád gab Kölbl ein Windspiel-Kreuz aus Edelstahl für das Beratungszimmer. Es strahle „Leichtigkeit aus und zeigt,

alles in Bewegung ist“, sagte die Pfarrerin. Insofern passe dieses Kreuz besonders gut zur Erziehungsberatung: „Schließlich ist kein Problem unverrückbar.“

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